Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
 
Projekttitel
Einfach wie das Atmen
Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus
Ziel
Entwurf im Rahmen eines eingeladenen Wettbewerbs des Universitätsbauamtes Freiburg für die Albert-Ludwigs-Universität Freiburg - Kollegiengebäude I, Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus unter Freiburger Universitätsangehörigen
Finanzierung
Universitätsbauamt Freiburg
Anlass
Währtend des nationalsozialistischen Regimes in Deutschland wurden jüdische Mitglieder auch der Freiburger Universität Opfer der Rassenideologie und politischer Verfolgung. Sie wurden getötet, vertrieben oder erlitten schwere Benachteiligung. Die Albert-Ludwigs-Universität gedenkt dieser ihrer Mitglieder in Trauer und mit Scham. Dem soll der Kunstbeitrag in
Form eines zeitgemäßen „Mahnmals“ Ausdruck geben.
Ansprechpartner
Magnifizienz Prof. Jäger, Dipl.-Ing. Alfons Feldmann (Kunstkommision)
Was getan wurde
Analyse der Universitätsgeschichte und Absicht des Auftraggebers:

Die Ereignisse und Personen derer gedacht werden soll, betreffen die Universität als institutionelle Einrichtung als Ganze - es geht nicht um die ehemaligen Mitglieder einer einzigen Fakultät oder eines einzelnen Instituts.

Dies kann als Hinweis darauf verstanden werden, dass das Mahnmal nicht unbedingt an einer einzigen zentralen Stelle sich befinden muß.

Den architektonischen Vorgaben folgend und den Absichten des Senats entsprechend, zielt der vorgeschlagene Kunstbeitrag darauf ab, dem Mahnmal zwar an zentraler Stelle im Gebäude einen materialen Fokus zu geben, es aber zugleich auch in den einzelnen Instituten und Fakultäten zu verankern und formal in das „Gedächtnis der Institution“ selbst dauerhaft zu verankern: dezentral, ortlos, strukturell.

Erarbeitet wurde deshalb ein fünfteiliges Ensemble von 5 aufeinander verweisenden materialen und konzeptuellen Elementen.

1. Widmung. Ausgewählte Räume der Universität sind den vertriebenen ehemaligen Mitarbeitern gewidmet. Die Widmung wird vollzogen und kenntlich gemacht durch eigens gestaltete Namenschilder auf den Türen.

2. Topografie. Die Namen der Widmungsträger sind zudem an den entsprechenden Stellen in die Orientierungspläne der Gebäude eingetragen und ersetzen/ergänzen dort die bisherigen Zahlen.

3. Das weiße Zimmer. Ein geeignet großer Raum (z.B. Hö 1009) ist zu einem Wohn-Arbeitsraum umgebaut. Dieses Studio wird von der Universität in regelmäßigen Abständen und für begrenzte Dauer (z.B. für 3 Monate) als Arbeitsstipendium an einen Künstler oder eine Künstlerin aus dem In- oder Ausland vergeben.

4. Zeitlupe. An geeigneter Stelle in der Eingangshalle wird auf einer Projektionsfläche der Wegweiser der Universität angezeigt. Diese Anzeigetechnik ersetzt die bisherigen Tafeln und Praktiken. Die Anzeige wird in egelmäßigen Abständen durch die Wiedergabe zweier kurzer Filmsequenzen (ohne Ton, in Zeitlupe und als Loop) unterbrochen: Ein Mann singt, eine Frau setzt sich an einen Tisch. Bevor die Sachinformation wieder eingeblendet wird, erscheinen die Namen der Opfer und die Textsequenz des Gedenkens: „Die Albert-Ludwigs-Universität gedenkt in Trauer und
Scham ...“

5. Lichtbrunnen. Im Fußboden (an Stelle des ehemaligen Brunnens in der Eingangshalle befindet sich eine Lichtquelle, die im Laufe von etwa 2 Stunden kaum merklich heller wird, bis sie schließlich rasch und für kurze Zeit blendend hell auf leuchtet und schlagartig erlischt. Dieser Frequenz folgt der Wechsel auf der Projektionsfläche des Wegweisers: dessen Anzeige wird für die Dauer der Dunkelphase des Lichtbrunnens (ca. 5 Minuten) für die Film- und Text sequenz unterbrochen.

Zum künstlerischen Grundgedanken. In der Zeit des nationalsozialistischen Regimes wurden an der Universität Freiburg zahlreiche ihrer Mitglieder Opfer der Rassenideologie oder politischer Verfolgung. Ihnen wurde Arbeitsplatz und Lebensraum genommen.

Mit der Geste der Widmung wird den Opfern ein Teil jenes Raumes wieder gegeben,
der ihnen gewaltsam genommen wurde. Die uneigennützige Bereitstellung eines Wohn- und Arbeitsraumes für freischaffende Menschen ist Ausdruck eines Bewußtseins um die Bedeutung von Arbeits- und Lebensraum gerade an einer Universität.

Der Weiße Raum, die Regelung und das Prozedere der Vergabe ist zukunftsorientierter Teil des Mahnmals: Versprechen und Selbstverpflichtung vor anderen, für andere, im Namen der Opfer und im Zeichen von Verantwortung und Freiheit.

Das Mahnmal realisiert sich als Handlungsform: es ist abhängig von Öffentlichkeitsarbeit und fortwährender Bestätigung und es wird sich verändern, wie das Gedenken, das es formuliert.

In der zukünftigen Fortschreiburg reflektiert sich die jeweils aktuelle Form des Gedenkens und das Erinnern.

Manchmal ist es wichtig, dass Kunstwerke überhaupt da sind und wirken – auch ohne bewusst wahrgenommen zu werden. Entscheidend ist, dass sie wahrgenommen werden können - wie die eher unauffälligen Namensschilder und die Eintragungen in den Orientierungstafeln.